Es ist für unser Kollegium zu einer schönen Tradition geworden, die erste Schulwoche mit einem Personalausflug abzuschließen. Heuer hatte der Personalrat zu einer Führung durch die Nürnberger Felsenkeller geladen und so begaben wir uns bei strahlendem Sonnenschein in zwei Gruppen zu Füßen des Dürer-Denkmals mutig drei Etagen unter die Erde. Unser Guide behauptete zwar zu Beginn der Führung, sie würde uns am Anfang und am Ende zählen, damit auch wirklich niemand verloren gehe, aber bereits nach den ersten Metern in den nur spärlich beleuchteten Felsengängen war allen klar, dass es am schlausten ist, nah bei der Gruppe zu bleiben, da man sich hier leicht verlaufen kann. Zudem war es für die größer Gewachsenen von uns ratsam, öfter mal die Köpfe einzuziehen, denn der Keller war stellenweise sehr niedrig. Arachnophobiker:innen sollten – so unsere Kellerführerin – nach Möglichkeit nicht nach rechts schauen, weil sich dort manchmal die Kellerspinne aufhalte. Das war natürlich eine besondere Herausforderung, ähnlich dem Rosa-Elefant-Effekt in der Psychologie. Eine Riesenspinne wurde schließlich wirklich gesichtet.
Nachdem alle Sicherheitswarnungen erläutert worden waren, erhielten wir bei der kurzweiligen Führung viele interessante Informationen über das komplizierte Kellersystem der Stadt Nürnberg und besonders über das Bierbrauen. Die Felsengänge wurden nämlich im Mittelalter gebaut, um Bier zu lagern. Wer Bier brauen wollte, musste einen Keller vorweisen können, um das Bier zu lagern. Bier war damals eine sinnvolle Alternative zum Wasser, da dieses vorwiegend aus Brunnen geschöpft wurde, die häufig verunreinigt waren, was zu Krankheiten und sogar zu Epidemien führte.
Aber unter den Bierbrauern gab es auch einige Betrüger, die verdorbenes Bier mit Thymian und anderen Gewürzen versetzten, um über den schlechten Geschmack hinwegzutäuschen. Dies wurde ihnen aber erst ab dem April 1516 untersagt, als in Ingolstadt das älteste Lebensmittelgesetz der Welt, nämlich das Reinheitsgebot erlassen wurde. Allerdings diente dieses auch dem Schutz der wertvolleren Getreidesorten wie z. B. Roggen, die zum Brotbacken genutzt wurden bzw. werden. Gerste ist dazu weniger geeignet.
Mit der Erfindung der Kühlsysteme verloren die Keller an Bedeutung. Lediglich die Firma Harer lagerte dort Gurken, wovon noch ein paar leere Fässer zeugen. Die Firma produzierte dort auch den legendären Ochsenmaulsalat, den sogar der ein- oder andere schon einmal probiert hat. Im zweiten Weltkrieg wurden die Keller als Luftschutzbunker genutzt, wodurch viele Nürnberger die Luftangriffe auf die Stadt überleben konnten.
Nach einer Stunde verließen beide Gruppen wieder vollzählig die Felsengänge und ließen den Tag bei einem gemeinsamen Essen und guten Gesprächen ausklingen.
Evelyn Menzinger