Schichtwechsel

Schichtwechsel

Nach Schätzungen der Bundesarbeitsgemeinschaft Wohnungslosenhilfe, die im November 2019 aktualisiert wurde, waren im Jahr 2018 in Deutschland ca. 480.000 Menschen obdachlos. Dass die Gründe dafür vielseitig sein können, erläuterten die Verkäufer des „Straßenkreuzers“ Klaus Billmeyer und Steve Zeuner der Klasse 9 c mit Frau Schreiber und Frau Menzinger am 19. März 2020 in Nürnberg. Eingeteilt in zwei Gruppen wurden die Schülerinnen und Schüler im Rahmen des „Schicht-Wechsels“, den Stadtrundgängen, die laut dem Straßenkreuzer e. V. „den Blick auf soziale Schichten lenken“, an Orte der „Armut, Bedürftigkeit und Hilfe“ geführt.
Dabei brachte Klaus die Schüler an Plätze, die direkt mit Obdachlosigkeit verbunden sind - u. a. Schlafstellen unter freiem Himmel, die er selbst auch eine Zeit lang aufgesuchte, und die Notschlafstelle für obdachlose Jugendliche. Diese darf von betroffenen Jugendlichen allerdings nur drei Mal im Monat genutzt werden, denn sie sollen dazu angehalten werden, einen Weg aus der Obdachlosigkeit zu finden.
Steves Tour konzentrierte sich auf Möglichkeiten, in Nürnberg Unterstützung zu finden. Auf dem Weg zur Bahnhofspolizei wurde er von zwei Polizistinnen freundlich begrüßt, denn er bringt seine Gruppen häufig hierher. Im Revier erfuhren wir interessante Details über die Aufgaben und die Arbeit der Bahnhofspolizei. Drogenkonsum und Beschaffungskriminalität spielen hier zunehmend eine Rolle. Auf einer wenig frequentierten Treppe liegt zum Beispiel eine weggeworfene Spritze.
Hilfe finden kann man auch in der Bahnhofsmission, die es an allen größeren Bahnhöfen gibt. Diese hilft nicht nur Obdachlosen, sondern allen, die Hilfe brauchen – z. B. wenn das Telefon gestohlenen wurde, Gehbehinderte und Rollstuhlfahrer Hilfe beim Umsteigen benötigen oder allein reisende Kinder begleitet werden müssen - und das völlig kostenlos.
Wir bedanken uns bei den beiden Tourguides, die durch die Tätigkeit beim Straßenkreuzer e. V. inzwischen eine eigene Wohnung haben, für die Offenheit, mit der sie die Fragen der interessierten Schüler beantworteten und über ihr persönliches Schicksal sprachen. Die Führungen haben gezeigt, dass es zwar erschreckend leicht ist, ist in die Obdachlosigkeit zu rutschen, dass es aber zum Glück auch Wege aus der Obdachlosigkeit heraus gibt.
Evelyn Menzinger