"Damit werden wir reich". "Ich war so gut getarnt." "Das Wesen wurde zerlegt und komplett verarbeitet." Diese und ähnliche Statements finden sich auf Post-Its, welche im Neuen Museum unter der Treppe kleben. Im Kreis darunter, auf kaltem Boden sitzend, dreizehn Schüler und zwei Pädagogen. Beim Projekt "Museumsbesuch und Objektgestaltung" nähern wir uns zeitgenössischer Kunst.
Während Picasso schon tot ist, ist das Nürnberger Künstlerduo Böhler/Ohrendt quicklebendig. Mit deren Werk "Give Us, Dear" (2013) wollen wir uns auseinandersetzen. Dies geschieht zum einen zeichnerisch, mit Ausschnittsucher auf dem Boden liegend und das große, blaue Wesen skizzierend. Zum anderen sprachlich, im offenen Gedankenaustausch. Was passiert mit den Gütern? Sind das Menschen? Woher kommt das Wesen?
Für wen arbeiten die? Was sollen die Löcher in der Wand? Die vielen Details und die Vielschichtigkeit der Arbeit regen kreative, persönliche Erklärungsversuche an. Liegt das Wesen in einer Höhle oder unter der Erde. Ist es tot, woher kommt es? Wer ist der Auftraggeber, wo werden die Stoffe weiterverarbeitet? Was bedeutet der Titel? Viele Fragen bleiben offen. Verschiedene Ansätze werden besprochen, nichts vorgesetzt. Auf eine vorgegebene Deutung wird verzichtet.
Am nächsten Tag setzen wir im eigenen Nachempfinden die Annäherung fort. Dafür wird ein großer Plüschtiger mit Cuttern, Klebstoff, Farbe und Spießchen bearbeitet. Leitern, Fässer, Rampen, Schienen - die Schüler montieren an verschiedenen Körperteilen des Stofftigers. Holztürme wachsen aus dem Boden, Züge transportieren Material ab, Schläuche saugen Tränenflüssigkeit ab und Plattformen entstehen. Das Wesen wird ausgewertet, seine Rohstoffe abgebaut. Am Ende wird die gequälte Kreatur in den Schaukasten verfrachtet und sorgt für die gleiche Verwunderung wie das museale Kunstwerk. Was soll das? Wofür steht das? Was machen Sie da? Aber ähnlich wie beim großen Wesen im Museum gilt es beim Tiger eine eigene Deutung zu finden.